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02. Dezember 2020

Pressekontakt

Klimawandel-Studie: Absicherung von Immobilien gegen Naturgefahren hat Nachholbedarf

  • Direkte Schäden an Immobilien durch Extremwetterereignisse nehmen zu
  • Indirekte Schäden sind kaum versicherbar
  • Kosten-Nutzen-Verhältnis bautechnischer Vorkehrungen schwer zu ermitteln
  • Naturgefahren müssen bei Immobilienfinanzierungen stärker eingepreist werden

Regensburg/Stuttgart, der 02. Dezember 2020 – Der Klimawandel hat konkrete Auswirkungen auf die Immobilien und ihre Wertentwicklung: Sturm, Hagel, Schneelast und Hochwasser, aber auch Waldbrände, Erdrutsche und Hitzetage haben in Deutschland in den zurückliegenden drei Jahrzehnten signifikant zugenommen und vermehrt Schäden an Immobilien verursacht. Elementarschadensversicherungen bieten Schutz, werden aber mittelfristig teurer. Indirekte Schäden durch Miet- und Nutzungsausfälle und erhöhten Materialverschleiß können kaum bis gar nicht versichert werden. Die Immobilienwirtschaft muss zusätzlich zu den Maßnahmen zur Emissionsreduktion künftig auch stärker in die Widerstandsfähigkeit bzw. Resilienz der Gebäude gegen Naturgefahren investieren. Obwohl die Folgen der globalen Erwärmung auch hierzulande immer sichtbarer werden, wird bei vielen Immobilieninvestitionen und Immobilienfinanzierungen der Risikofaktor Klimaveränderung noch nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt. Das sind einige der zentralen Ergebnisse der Studie „Naturgefahren und Immobilienwerte in Deutschland“, die Prof. Dr. Sven Bienert, IREBS International Real Estate Business School, auf Initiative der BF.direkt AG, erstellt hat. Das Papier wurde heute im Rahmen einer Online-Pressekonferenz vorgestellt.  

Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG kommentiert das Engagement seines Hauses: „Obwohl die Folgen der globalen Erwärmung auch hierzulande immer sichtbarer werden, wird bei vielen Immobilieninvestitionen der Risikofaktor Klimaveränderung nicht berücksichtigt. Meiner Meinung nach ist dies ein großer Fehler. Alle Aufmerksamkeit fokussiert sich derzeit auf das Thema ESG. Aber der Klimawandel ist nicht einfach eine Brüsseler Regulierung, die es zu erfüllen gilt, er wird à la longue konkrete Auswirkungen auf alle Immobilien haben. Daher freue ich mich, dass die Studie auch konkrete Handlungsoptionen aufzeigt.“ 

Die Inhalte der Studie im Detail: Das Gefahrenpotenzial für Immobilien durch Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen ist in Deutschland regional unterschiedlich: Im Süden kommt es häufiger zu Starkregen, Hagelschlag und starken Schneefällen. Waldbrände und Wasserknappheit infolge von Trockenheit treten überwiegend in den neuen Bundesländern, aber auch in Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf. Hochwassergefahren bestehen entlang der großen Flüsse und an der Küste können Sturmfluten große Schäden anrichten. Institutionelle Immobilieninvestoren können entsprechende regionale Vorkehrungen treffen oder ihre Investitionsschwerpunkte an die regionale Gefahrenlage anpassen. Für den Einzelnen ist dagegen die Risikoexposition am Mikrostandort wichtiger, also das Gefahrenpotenzial innerhalb der Stadt, in der er seinen Lebensmittelpunkt hat.

Schutz bieten neben Versicherungen auch bautechnische Lösungen gegen Naturgefahren. Eine fundierte Kosten-Nutzen-Abwägung ist allerdings schwierig: Die Prognosen zum Klimawandel und seinen Folgen sind mit Unsicherheiten behaftet und der Nutzen teurer bautechnischer Vorkehrungen zeigt sich teilweise unter Umständen erst in ferner Zukunft. Preisentwicklungen sind hinsichtlich der Risikobewertung ebenfalls nur begrenzt aussagekräftig. „Der Markt tendiert dazu, Schäden, die in kürzeren Abständen auftreten, überzubewerten“, sagt Prof. Dr. Sven Bienert, Leiter des Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft, IREBS Universität Regensburg und Autor der Studie. „Seltener eintretende Schadensfälle werden, auch wenn sie einen größeren Umfang haben, eher unterbewertet und mit der Zeit sogar vergessen oder ignoriert.“ So brachen beispielsweise die Immobilienpreise in Hochwassergebieten zwar nach dem Hochwasserereignis deutlich ein, kehrten dann aber wieder zurück auf das Ausgangsniveau. „Je kürzer aber die Abstände zwischen den Extremwetterereignissen werden – und das ist eine absehbare Entwicklung –, desto unwahrscheinlicher wird ein solcher Bounce Back“, so Bienert. 

Speziell für institutionelle Immobilieninvestoren ist es bereits mehr Pflicht als Kür, sich mit physischen Klimarisiken professionell im Rahmen des Risikomanagements auseinanderzusetzen. Der Risikofaktor Klima wird allerdings in der Immobilienbranche zu wenig bedacht. Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, kommentiert: „Kreditgeber und institutionelle Investoren sollten sich zunehmend mit der die Frage beschäftigen, welche Extremwetterereignisse für ihre Objekte ein Risiko darstellen und wie sie die Resilienz – also die Widerstandsfähigkeit – der Gebäude stärken können. Auf diese Fragen liefert die Studie auch erste Antworten: Beispielsweise empfiehlt die Studie eine regionale Einschätzung bei jeder Immobilie. Dabei soll das aus dem Klimawandel resultierende lagespezifische Risiko erfasst werden. Ein Beispiel für solche Risiken ist die Lage in einem Gebiet, das von Hochwasser bedroht ist oder das in den vergangenen Jahren häufig Schauplatz von Hagelereignissen war.“

Auch bei der Immobilienfinanzierung ist das Thema Klimawandel derzeit nicht ausreichend berücksichtigt. Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung  der IREBS Universität Regensburg erläutert: „Laut einer Sonderumfrage von BaFin und Bundesbank haben knapp zwei Drittel der befragten Institute Klimarisiken bislang nicht in die Risikobewertung integriert. Eine Berücksichtigung der Klimarisiken muss aber in allen Phasen des Kreditgeschäftes stattfinden. Denn Werthaltigkeit und Stabilität der Sicherheit „Immobilie“ spielen eine zentrale Rolle bei der Finanzierung.“ Bei der Zinsgestaltung könnten laut Prof. Sebastian die Kreditinstitute bspw. das klimabezogene Risikomanagement des Kunden in Form von Zu- und Abschlägen miteinfließen lassen. „Weitere Stellschrauben bei der Berücksichtigung des Klimarisikos sind Beleihungshöhe sowie die Kreditlaufzeit und geforderte Tilgungen“, so Prof. Dr. Steffen Sebastian. Und BF.direkt-Chef Fedele ergänzt: „Die Finanzierungskonditionen werden sich in Zukunft stärker daran orientieren, ob und wie die Kreditnehmer die Risiken durch Extremwetterereignisse in ihren Immobilienprojekten berücksichtigen.  Wer hier gut aufgestellt ist, wird in Zukunft bessere Finanzierungskonditionen bekommen.“

Download Studie „Naturgefahren und Immobilienwerte in Deutschland“

Die Studie „Naturgefahren und Immobilienwerte in Deutschland“ beinhaltet neben der Darstellung der wichtigsten physischen Risiken für Immobilien durch den Klimawandel in Deutschland, eine Einschätzung zu den damit verbundenen Chancen und Risiken für Bestandshalter, Investoren und Entwickler sowie Informationen und Strategien zur Erhöhung der Resilienz von Gebäuden bei der Planung, Entwicklung und Bewirtschaftung. Die Studie ist unter folgendem Link abrufbar: https://epub.uni-regensburg.de/44181/1/Heft_25.pdf

 

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