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08. Januar 2025
Union ist an einer wichtigen Stelle im Wahlprogramm blank. Das könnte die SPD nutzen
Derzeit ist eine Koalition aus Unionsparteien und SPD nach der Bundestagswahl im Februar am wahrscheinlichsten. Was fordern die beiden Parteien bei den für die Immobilienwirtschaft relevanten Themen? CDU/CSD setzen vor allem auf Wohnungsbauförderung durch steuerliche Anreize. Die SPD möchte dagegen insgesamt die aktive Rolle des Staates im Bausektor stärken. Beim Mietrecht ist die Union ziemlich blank, die SPD hat hier sehr weitreichende und konkrete Forderungen. Die Gefahr: In Koalitionsverhandlungen könnte sich die Seite mit den klaren Positionen durchsetzen.
Im Dezember des letzten Jahres haben die wichtigsten Parteien ihre Wahlprogramme veröffentlicht. Auch wenn Wahlprogramme viel mit Wahlversprechen zu tun haben, entfalten diese dennoch eine gewisse Bindungswirkung für die Politik einer Regierung. Was vielen nicht bewusst ist: Nach der Wahl legen die potenziellen Koalitionäre ihre Wahlprogramme nebeneinander und schauen nach Übereinstimmungen und Abweichungen. Bei Übereinstimmungen werden diese mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Inhalt des Koalitionsvertrags. Schließlich kann eine Partei schlecht behaupten, dass die Thesen des Wahlprogramms nur der Gewinnung von Wählerstimmen dienen sollten, aber eigentlich nicht ernst gemeint sind. Diesem Umstand verdankt unter anderem die Mietpreisbremse ihre Entstehung.
Insofern lohnt sich ein Blick auf immobilienwirtschaftlich relevanten Vorhaben der Wahlprogramme. Nach derzeitigen Umfragen gibt es nur zwei mögliche Koalitionen: CDU/CSU entweder mit der SPD oder der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Eine Koalition mit der AfD haben alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien ausgeschlossen und die kleineren Parteien FDP, BSW und die Linke sind für eine Mehrheitsbildung nach aller Wahrscheinlichkeit nicht erforderlich. Selbst wenn die FDP nicht an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert und die Linke es mittels dreier Direktmandate wieder in den Bundestag schafft, wäre zumindest eine große Koalition ohne dritten Koalitionspartner weiterhin möglich. Zudem hat die CSU eine Koalition mit den Grünen ausgeschlossen, was ebenfalls für eine große Koalition spricht. Insofern sind die Wahlprogramme der Union und der Sozialdemokraten im Moment die wichtigste Quelle, sofern der Inhalt eines möglichen Koalitionsvertrag prognostiziert werden soll. Diese beiden Texte sollen im Folgenden – nach der Darstellung der Zinsentwicklung – analysiert werden.
Zinsentwicklung
Zunächst kurz zu den Zinsen: Beim letzten Zinstermin am 12. Dezember 2024 hat die Europäische Zentralbank (EZB) wie erwartet eine erneute Zinssenkung um 0,25 Prozent bekannt gegeben. Die kurzfristigen Zinsen sind entsprechend im Laufe des Dezembers gesunken; der Drei-Monats-Euribor um 19 Basispunkte auf 2,73 Prozent und der Sechs-Monats-Euribor geringfügig im 6 Basispunkte auf 2,61 Prozent. Die langfristigen Zinsen sind hingegen nach der Entscheidung der EZB wieder gestiegen. Zu Monatsbeginn lag der Zehn-Jahres-Swap noch bei 2,14; am Monatsende bei 2,32 Prozent und damit um 18 Basispunkte höher. Diese kurzfristige Entwicklung darf man nicht überinterpretieren, aber wir hatten bereits im Marktradar Juli (https://www.bf-direkt.de/marktradar/bfmarktradar-juli-2024) davor gewarnt, dass eine Senkung der Leitzinsen aufgrund der Inflationserwartungen der Marktteilnehmer zu einer Erhöhung der langfristigen Zinsen führen kann. Die EZB hat weitere Zinssenkungen in Aussicht gestellt. Immerhin hat die EZB bekräftigt, dass sie sich der immer noch sehr hohen Inflationsraten von nahezu 4 Prozent im Dienstleistungssektor bewusst ist.
Immobilienthemen in den Wahlprogrammen von Union und SPD
Das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU verspricht, dass Bauordnungs- und Raumordnungsrecht grundlegend zu entschlacken und die Vorschriften „spürbar und verantwortungsbewusst“ zu reduzieren. Mit dem Gebäudetyp E will die Union die Voraussetzungen für kostengünstigeres, aber sicheres Bauen schaffen und zudem mit einer befristeten Sonderregelung für angespannte Wohnungsmärkte Ausnahmen vom geltenden Planungsrecht zulassen. Zudem soll mehr Bauland geschaffen werden; dies durch eine Mischung aus (Innen-)Verdichtung, Neubaugebieten und Aufstockung von Wohn- und Geschäftsgebäuden. Zudem sollen Brach- und Konversionsflächen stärker genutzt werden.
Bis dahin bleibt das Programm der Union wie üblich etwas unpräzise. Etwas konkreter wird es bei der Wohnungsbauförderung. Hier soll die Förderung auf den Geschosswohnungsbau in angespannten Wohnungsmärkten konzentriert werden. Genauer soll es eine deutlich höhere Sonderabschreibung für bezahlbaren Wohnraum geben; diese soll durch eine wirkungsvolle degressive Abschreibung ergänzt werden. Die zuvor erwähnte „Konzentration“ soll offensichtlich aber andere Förderungen nicht ausschließen. So soll der Energieeffizienzstandard EH55 für Neubauten beibehalten werden und wieder gefördert werden.
Die SPD verspricht, dass Investitionen in den sozialen Wohnungsbau „auf hohem Niveau“ gestärkt werden. Über den „Deutschlandfonds“ sollen Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften mit Eigenkapital versorgt werden. Kommunen sollen zudem beim Aufbau von „Bodenfonds“ unterstützt werden. Auch soll das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ ausgebaut werden. Zudem sollen Modelle unterstützt werden, durch die Kommunen von Bodenwertsteigerungen durch Planung profitieren. Des Weiteren soll das Vorkaufsrecht für Kommunen gestärkt werden. In Summe will die SPD vor allem die aktive Rolle des Staates im Bausektor stärken. Dies ist eine klassische linke Position, die im Widerspruch zum Programm der Union steht, die vor allem durch Abschreibungen die Privatwirtschaft zum Bauen motivieren will. Hier ist zu befürchten, dass ein Kompromiss „ein bisschen von allem“ beinhalten wird und keine starken Impulse gesetzt werden.
Des Weiteren möchte die SPD die Baukosten senken und Verfahren durch Digitalisierung beschleunigen. Auch die SPD möchte den Gebäudetyp E weiterentwickeln. Hier gibt es keinen Widerspruch zum Wahlprogramm der CDU/CSU; die Union ist hier aber inhaltsstärker. Hier besteht die fundierte Hoffnung, dass eine neue Regierung zumindest versuchen wird, Deregulierung umzusetzen.
In Bezug auf das Mietrecht will die SPD, dass die Mietpreisbremse künftig unbefristet gilt und nicht mehr durch möblierte Wohnungen umgangen werden kann. Mietwucher soll durch Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts unterbunden werden. Die Kappungsgrenze soll in angespannten Wohnungsmärkten von 15 auf 6 Prozent gesenkt werden. Zudem soll der Betrachtungszeitraum der Mietspiegel auf zehn Jahre ausgeweitet werden. Bei der Union ist zum Mietrecht hingegen nichts Konkretes zu finden. Diese Inhaltsleere entspricht auch dem erst kürzlich beschlossenen Grundsatzprogramm. Das macht die CDU/CSU in diesem Bereich aber – leider – auch besonders kompromissfähig. Hier besteht die Gefahr, dass sich die SPD mit ihren sehr konkreten Vorstellungen zumindest teilweise durchsetzt, zumal der CDU die Themen Wirtschaft und Migration sehr viel wichtiger sein wird als eine angemessene Begrenzung des Mieterschutzes.