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13. Juni 2018
Zinsänderungsrisiken für den Bankensektor steigen
Das Niedrigzinsumfeld führt dazu, dass die deutschen Banken immer höhere Risiken eingehen. Sie vergeben immer mehr Immobilienkredite mit langfristigen Zinsbindungen, gleichzeitig refinanzieren sie sich immer stärker kurzfristig. Im Falle eines raschen Zinsanstiegs kann dies zu erheblichen Verwerfungen führen. Betroffen sind vor allem zwei Gruppen von Banken.
von Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG
Dass die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank nicht ohne Nebenwirkungen ist, ist fast schon ein Gemeinplatz. Einer der häufig beschriebenen Nebeneffekte ist der Anstieg der Wohnimmobilienpreise in Europa. So sprach der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) bereits im November 2016 Warnungen für die Wohnimmobilienmärkte in acht Mitgliedstaaten aus – darunter Belgien, das Vereinigte Königreich, Österreich und die Niederlande. Weniger im Fokus der medialen Aufmerksamkeit stehen dagegen die Risiken bei den Immobilienfinanzierern. Diese ergeben sich insbesondere aus der zunehmenden Fristentransformation, die die Banken betreiben. In Deutschland sind insbesondere Sparkassen und Genossenschaftsbanken davon betroffen.
Institute haben mit sinkenden Einnahmen zu kämpfen
Was genau hat sich verändert? Die Zinsmargen der Banken – also die Differenz zwischen Zinsen, die die Banken auf Kundeneinlagen zahlen müssen, und die Zinsen, die sie für ausgereichte Kredite einnehmen – sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Kurz gesagt, die Einnahmen der Banken sinken. Ein möglicher Ausweg: Die Institute reichen mehr längerfristige Finanzierungen aus, da in diesem Segment die Margen noch höher sind, und refinanzieren sich aber kurzfristig zu einem relativ niedrigen Zinssatz. Genau diesen Weg gehen die Institute verstärkt. So ist der Anteil von Wohnungsbaukrediten mit einer Zinsbindung von mehr als zehn Jahren von rund 30 Prozent im Jahr 2013 auf rund 45 Prozent im Jahr 2017 gestiegen. Gleichzeitig stieg der Anteil der kurzfristigen Refinanzierungen an den gesamten Passiva der Bank von rund 30 Prozent im Jahr 2011 auf knapp über 40 Prozent im Jahr 2017.
Probleme im Fall eines raschen Zinsanstiegs
Problematisch kann diese Konstellation werden, wenn die Zinsen in sehr kurzer Zeit stark ansteigen. Die Banken könnten dann ihre Refinanzierungsstruktur nicht schnell genug ändern, so dass die Refinanzierungskosten rapide anwachsen. Gleichzeitig könnten die Einnahmen nicht im selben Umfang erhöht werden, da die Zinsen langfristig festgeschrieben sind. Ein solches Szenario würde die betroffenen Banken massiv belasten.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben kritische Schwelle 2016 überschritten
Das Risiko, das aus dieser Fristentransformation entsteht, messen Ökonomen mit dem so genannten Zinsrisikokoeffizienten. Diese Kennzahl setzt den Wertverlust der Vermögenswerte (Immobilien) im Falle eines hypothetischen Zinsanstiegs um 200 Basispunkte in Relation zum regulatorisch vorgeschriebenen Eigenkapital der Banken. Diese Simulation macht zwei wichtige Aspekte sichtbar: Erstens, der Zinsrisikokoeffizient ist bei den Genossenschaftsbanken und den Sparkassen deutlich höher als bei den anderen deutschen Kreditinstituten. Zweitens, der Quotient hat bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken die kritische Schwelle von 20 Prozent bereits im zweiten Quartal 2016 überschritten. Ab dieser Grenze bewertet die Bankenaufsicht Zinsänderungsrisiken als überhöht. In ihrem Jahresgutachten 2017/2018 weisen die so genannten „Wirtschaftsweisen“ auf eben diese Gefahren hin und qualifizieren die Risiken als erheblich.
Für die genannte Bankengruppe mit erhöhtem Risiko wird von entscheidender Bedeutung sein, wie schnell die Zinsen steigen werden. Mit Blick auf die Finanzstabilität wären die Folgen eines moderaten Zinsanstiegs deutlich besser verkraftbar als die Folgen eines raschen Zinsanstiegs. Letzteres Szenario birgt das Risiko von Verwerfungen im Bankensektor.